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Neues IT-System für Menschen mit Demenz nimmt Gestalt an

ProCurand begleitet die nächste Phase des Forschungsprojekts PERLEN mit intensiver Zuarbeit. Ziel des Projekts ist es, ein ganzheitliches IT System zur identitätsbezogenen Alltagserfassung sowie persönlichen Lebensdokumentation für Menschen mit Demenz zu entwickeln.

Die gemeinnützige ProCurand Stiftung ist bei der nun beginnenden Projektphase, dem Entwickeln weiterer Demonstratoren und deren Testung, als Praxispartner von zentraler Bedeutung.

Das Projekt PERLEN (Persönliche Lebensdokumentation für Menschen mit Demenz und Pflegepersonen) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. An PERLEN arbeitet ein Forschungskonsortium aus der Gesundheits-, Sozial- und IT-Wirtschaft. Mehr Informationen auf der Projekt-Website

Pressemitteilung 07.02.2017

Die Zahl der Menschen mit Demenz steigt stetig an: Derzeit sind in Deutschland nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft 1,6 Millionen Menschen an Demenz erkrankt, weltweit geht man von ca. 47 Mio. Betroffenen aus. Häufig treten zusätzlich Sekundärerkrankungen auf, besonders relevant ist Diabetes mellitus Typ 2.

Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung können Menschen mit Demenz gegenüber den Pflegenden und Angehörigen häufig keine Auskunft mehr zu ihrer Biografie, ihrem Tagesablauf, ihren Vorlieben und Routinen geben. Wären diese Informationen den Pflegenden jedoch zugänglich, könnten Aktivierungs-möglichkeiten in den Pflege- und Betreuungsalltag einbezogen werden, die bei den Betroffenen zu mehr Freude, Interesse und Wohlbefinden und damit einer besseren Lebensqualität führen. Im Projekt PERLEN wird in einem interdisziplinären Konsortium ein innovatives ganzheitliches IT-System zur identitätsbezogenen Alltagserfassung und persönlichen Lebensdokumentation von Menschen mit Demenz bzw. Demenz und Diabetes entwickelt. Das System kann biografische Informationen, Vorlieben und Routinen erfassen und den Angehörigen und Pflegenden bereitstellen, dadurch die aktivierende Pflege unterstützen, den Dokumentationsaufwand verringern und die Qualität der Pflege durch einen besseren Informationsfluss zwischen den Pflegebedürftigen, Angehörigen und Pflegefachkräften steigern. Zudem soll die Weiterreichung der persönlichen Informationen zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen, ambulant und stationär, durch das PERLEN-System gefördert werden, um alle Beteiligten zu entlasten.

Die Projektpartner stellten die entwickelten Module und Prototypen des Systems im November 2016 innerhalb eines Fachworkshops einem Expertenkreis, bestehend aus Ärzten aus Allgemeinmedizin, Endokrinologie, Geriatrie, Neurologie und Psychologie, vor. Die Experten unterstrichen den Nutzen des Projektansatzes und
hoben insbesondere den für den Bereich der Insulintherapie entlang der Demenzentwicklung konzipierten Demonstrator als Verbesserung für die Therapiesicherheit hervor.

Mit diesem entwickelten Prototypen kann die Therapietreue bei Diabetes mellitus Typ 2 in einem demenzgerechten Diabetes-Tagebuch in PERLEN digital protokolliert, optimiert und der Übergangspunkt zwischen Eigen- und Fremdmedikation besser identifiziert werden. Zugleich können Angehörige und Pflegekräfte durch konfigurierbare Benachrichtigungen bei vergessener Insulingabe rechtzeitig ein-greifen oder die erfassten Werte zur Anpassung der Insulintherapie dem zu-ständigen Arzt sehr zeitnah übermittelt werden. Die gesammelten Informationen werden genutzt, um die Sicherheit der Diabetes-Therapie zu gewährleisten, die Therapietreue des Patienten zu unterstützen und mittels Zeitreihenanalysen einschleichende Fehler, wie Abweichungen vom Insulinschema, von Spritz- und Messzeitpunkten, vom Zielkorridor des Blutzuckers oder Fehldosierungen zu erkennen. Diese Fehlentwicklungen sind Indikator für eine notwendige Anpassung der Therapieform oder den Übergang von der Eigen- in die Fremdversorgung. Entsprechende Handlungsanweisungen und Hinweise werden an die pflegenden Angehörigen, teilnehmenden Pflegekräfte und behandelnden Ärzte weitergegeben.

Die Verfügbarkeit von biografischen Informationen gewinnt außerdem mit fortschreitender Demenz für Pflegende zunehmend an Bedeutung. Mit dem PERLEN-System stellt das Konsortium eine bisher vollkommen neuartige Möglichkeit der Biografiearbeit zur Verfügung: Angehörige, Pflegekräfte, aber auch Betroffene, können gemeinsam eine multimediale biografische Sammlung aus Fotos, Videos, Texten oder Audio-Files erstellen und darauf zugreifen. Abgesehen davon, dass wertvolle biografische Daten für den weiteren Verlauf der Pflege konserviert werden, ermöglicht PERLEN, auch bei voneinander entfernt lebenden Familien, wichtige Ereignisse wie zum Beispiel die Geburt eines Enkelkindes oder Geburtstage mit nur einem Klick mit ihren Angehörigen zu teilen.

Die mit PERLEN erhobenen Daten helfen Einrichtungen der ambulanten und stationären Altenpflege zum einen, den Aufnahmeprozess des Betroffenen durch den Import in deren bestehende Softwaresysteme zu beschleunigen, zum anderen kann auf Basis dessen sofort nach der Aufnahme mit einer individuellen, biografie-orientierten Pflege begonnen werden. Pflegekräfte haben häufig wenig Zeit für Dokumentation und Verschriftlichung von Informationen. Ein weiterer innovativer Baustein des Systems adressiert diese Problematik im Pflegealltag und ermöglicht
einen Informationsaustausch zwischen den einzelnen Mitarbeitern der professionellen Pflege durch Sprachmemos.

In einem nächsten Schritt ist die Entwicklung weiterer Demonstratoren geplant, die mit potenziellen Nutzern in der Praxis getestet und für eine Verwertung optimiert werden. Parallel arbeitet das Konsortium an Geschäftsmodell- und Verwertungsstrategien.

Kontakt: Martin Pietzonka, Dipl. Kfm., Innovationszentrum Connected Living e.V., Tel.: 0175 2923008, martin.pietzonka(at)connected-living.org